30.4.1998
Eupener Lions Club informierte sich im Kgl. Athenäum
»Schlüssel fürs Leben« für die Heranwachsenden

Eupen. - An einem für sie ungewöhnlichen Ort hatten die Mitglieder des Eupener Lions-Clubs sich am Montag abend zu ihrer monatlichen Arbeitssitzung versammelt. Das Treffen fand im Lehrerzimmer des Kgl. 

Athenäums am Lascheterweg in Eupen statt. Hier wollten sich die »Lions« über das von ihnen mitfinanzierte Projekt »Schlüssel fürs Leben« informieren, in dessen Rahmen seit zwei Jahren zehn- bis 14jährige Schüler am Athenäum Persönlichkeitsentfaltung üben. Hintergrund der Informationsveranstaltung, zu der die Direktion der Schule eingeladen hatte, waren Gerüchte, denen zufolge das aus den Vereinigten Staaten von Amerika stammende Programm »Schlüssel fürs Leben« vom Gedankengut der Scientologie-Sekte durchsetzt sein soll. Diesen Verdacht konnte die Animatorin des Projekts Patricia T´Serstevens jedoch mit treffenden Argumenten völlig ausräumen.

Denkende Menschen

»Unser Programm hat zum Ziel, die heranwachsenden Mädchen und Jungen zu selbständig denkenden Menschen zu erziehen. Zu Menschen, die ihre Entscheidungen frei und unabhängig treffen können. ´Schlüssel fürs Leben´ soll sie befähigen, sich jedem Gruppenzwang und jeder Indoktrinierung zu widersetzen. Das ist doch wohl das genaue Gegenteil von dem, was eine Sekte im Sinn hat«, betonte Patricia T´Serstevens, die gemeinsam mit Daniel Pellaux die Ausbildung von Lehrpersonen in diesem Bereich in der Französischen Gemeinschaft im Rahmen von Seminaren leitet.

Diese Seminare umfassen drei Tage, an denen den Teilnehmern der Inhalt des in den USA von der Stiftung »Quest« in Granville, Ohio, unter dem Titel »Life Skills« entwickelten Suchtvorbeugeprogramms vermittelt wird, das 1990 mit Unterstützung der belgischen Lions-Clubs und der Stiftung »G« der Generalen Bank an hiesige Verhältnisse angepaßt wurde.

Friedliche Wege

Seitens des Kgl. Athenäums von Eupen haben neben Direktor Jacques Berwart und seinem Stellvertreter Jean-Pierre Müller bisher rund 15 Lehrerinnen und Lehrer an der Ausbildung teilgenommen. Die so Ausgebildeten sind durchweg begeistert von dem, was ihnen in dem Seminar vermittelt wurde. »Ich werde viel besser mit Konfliktsituationen in der Klasse fertig«, so die Feststellung einer Lehrerin.

Direktor Jacques Berwart erläuterte den Gästen die Inhalte der Ausbildung. Diese ziele darauf ab, den Jugendlichen in der Pubertät einen Weg zu zeigen, wie sie mit ihren Problemen besser fertig werden können. »Den Schülern werden Wege zur friedlichen Lösung von Konflikten aufgezeigt, und es wird ihnen eine gesunde Lebensweise vermittelt. Suchtvorbeugung fließt dabei wie selbstverständlich ein, ohne direkt beim Namen genannt zu werden.«

Positive Lösungen

Junge Menschen in ihrer Fähigkeit zu fördern, ihr Leben verantwortlich in die Hand zu nehmen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und umzusetzen, sind die Ziele des Programms »Schlüssel fürs Leben«, dem am Kgl. Athenäum in den Klassen der ersten und zweiten Sekundarabteilungen wöchentlich eine Stunde gewidmet wird.

In dieser Stunde versuchen die eigens dafür ausgebildeten Lehrpersonen, den Schülern zu helfen, Konflikt- und Risikosituationen entgegenzutreten und für Probleme, die die Pubertät mit sich bringt, positive Lösungen zu finden. Damit verfolgt das Programm die Förderung der Kompetenz, der in der neueren Forschung die größten Erfolgsaussichten bei der Vorbeugung von riskantem bzw. problematischem Verhalten zugesprochen wird.

Rollenspiele

Daß das Programm Früchte am Kgl. Athenäum trägt, bestätigte der für Ordnung und Disziplin zuständige stellvertretende Direktor Jean-Pierre Müller im Gespräch mit dem Grenz-Echo. »Die Bereitschaft, Konflikte mit Gewalt auszutragen, hat, seit wir das Programm anwenden, deutlich nachgelassen. Die Schüler lernen, Konflikte auszudiskutieren. Sie lernen in Rollenspielen, sich dem anderen zu öffnen, ihm zuzuhören und sich mit seinen Argumenten zu beschäftigen. Was aber besonders wichtig ist: Sie lernen, ihre eigene Meinung zu vertreten und nein zu sagen, auch wenn die ´Clique´ etwas Bestimmtes tun möchte. Sie lernen aber auch, die Meinung des anderen zu akzeptieren und dessen Persönlichkeit zu achten.«

Charakterschule

Da das Programm »Schlüssel fürs Leben« bei den zehn- bis 14jährigen Schülern sehr gut angekommen ist, möchte das Kgl. Athenäum den jungen Leuten auch in den höheren Klassen eine entsprechende Begleitung und Charakterschule anbieten. Dazu möchte die Direktion in den kommenden Jahren das weiterführende »Schlüsselprogramm« anbieten, das zur Zeit von der GoE »Schlüssel für die Jugend« ausgearbeitet wird und das an die Persönlichkeitsentwicklung der 15- bis 18jährigen angepaßt ist.

Den Mitgliedern des Eupener Lions-Clubs wurden die Inhalte einer Unterrichtsstunde des Programms »Schlüssel fürs Leben« mit Interaktions- und Rollenspielen deutlich gemacht. Das brachte auch den gesetzten Herren neue Erkenntnisse und fand bei allen großen Anklang.

hego